Es gibt für das Hochdeutsche keine derart eingängige amüsant zu studierende Grammatik wie dieses sympathische Buch, das witzig und gescheit ist, durch seine plastischen und drastischen Beispiele Vergnügen bereitet und selbst dem mit der bayerischen Sprache bestens Vertrauten noch eine Menge beibringt.
Klappentext:
LUDWIG MERKLE, Dr. phil., geb. 1928 in München, studierte Zeitungswissenschaft und Germanistik an der Ludwig-Maximilans-Universität. Er arbeitete kurzzeitig als Redakteur, wurde dann aber freier Journalist und Schriftsteller. Neben zahllosen Beiträgen in Zeitungen und Zeitschriften hat er über vierzig Büher veröffentlicht, von denen viele sich auf die eine oder andere Weise mit Bayern befassen: "Breißn dratzn" (1971), "Bayerisch auf deutsch" (1973) oder "München damals" (1972), "Dees brauchts doch need" (1978), "Der bayerische Schwan" (1979), "Vornamen in Bayern" (1981) oder "Die Edelweißplage" (1986). Im Jahr 2003 ist Ludwig Merkle gestorben.
Die "Bairische Grammatik" erschien erstmals 1975 und wurde rasch zum Standardwerk für alle, die sich mit der bairischen Sprache befassen. Sie ist in allen bisherigen Ausgaben vergriffen. In der vorliegenden Neuausgabe sind die Korrekturen aus einem Handexemplar des Autors eingearbeitet.
»… ein höchst ernsthaftes und nur beim genaueren Studium auch schalkhaftes Unternehmen, aus dem man lernen kann, daß Bairisch mindestens so schwer ist wie Latein.« Die Zeit
»Man weiß nicht, was man mehr loben soll: die strenge, wissenschaftliche Aufbereitung, die dennoch die Lesbarkeit nicht beeinträchtigt, oder die Akribie, den Fleiß und die Sachkenntnis, mit der der Verfasser zu Werke gegangen ist.« Münchner Merkur
Vorwort:
Dies ist eine bairische Grammatik. Oder, bescheidener, der Versuch einer bairischen Grammatik, für bayerische Leser, denen es Freude macht, über ihre Sprache zu sinnieren, und für zugereiste auch, die der bayerischen Seele und Zunge auf diesem Wege näherkommen wollen.
Bairisch wird in Ober- und Niederbayern und in der Oberpfalz gesprochen; besorgte Mundartfreunde meinen: beinah schon nicht mehr. Hochdeutsche Wendungen und Vokabeln haben sich eingeschlichen und sogar eingebürgert, altbewährte bairische sind verschwunden. Man lese in Andreas Schmellers "Bayerischem Wörterbuch", und man wird seitenweise Wörter finden, die man nicht mehr versteht. Die regionalen Unterschiede von Landkreis zu Landkreis, von Gemeinde zu Gemeinde verringern sich unter dem Einfluß von Handel, Wandel, Fernsehen und Fremdenverkehr oder haben sich bereits verwischt. Das ist gewiß zu bedauern ; aber weder rückgängig zu machen noch aufzuhalten.
Was immerhin blieb, ist ein gewissermaßen allgemeines Bairisch, zu dem sich die Mundarten mehr und mehr nivellieren. Es entspricht etwa dem, was man in München und Umgebung redet.
Vom Aussterben des Dialekts kann vorerst keine Rede sein. Und wir dürfen getröstet in die - zumindest nähere - Zukunft blicken : Uns håidd àr aus. Uns håidd àr aus heißt : Uns hält er aus. - Man wird in diesem Buch des öftern Übersetzungen aus dem Bairischen ins Hochdeutsche begegnen, die den Eindruck machen, als seien sie etwas bairisch geblieben. Der Eindruck ist richtig : die bairische Sprachstruktur wird so erkennbarer. In manchen Fällen läßt sich's nicht vermeiden, der bairisch-hochdeutschen noch eine ganz hochdeutsche Übersetzung anzufügen. So hier bei Uns hält er aus. Dies bedeutet : Uns wird er überleben.
Orthographie: D Mamma woasch scho
Lautlehre
Diphtonge: Haidd die Mai
Entrundung: Freidds eich, Leid
Umlaut: Da Kaas in die Hendd
Nasalierung: I moa scho
Fremdwörter: Meassä fia s Befflamodd
Vokaldehnung und -kürzung: A ägglhafdda Fiisch
Konsonanten: Da Feaschda vo Rengschbuag
Tradition: Das Bayrische vom Syrischen
Bindung: Owarawariwar Owarammagau
Assimilation: A Reenboong is a scheena Ambligg
Konsonantenhäufung: D Käinarin had s Bschdeeg fian Schbeeg z schbäd bschdäid
Homonyme: Kaidd dein Kaidd
Formenlehre
Verbum
Infinitiv: Aiss lieng und schde lassn
Indikativ Präsens: I gäh, du gäsd, mia gengan
Partizip Präsens: Bliarade Rosn
Futur: Da weasd schang
Imperfekt und Perfekt: Mia san ganga
Partizip Perfekt: Kema, gsäng, gwuna
Plusquamperfekt: I habs gsagd kabd
Unregelmäßige Verben: Wenn s brend, kimmd b Feiawea grend
Hilfsverben: Ham, sei, wean und doa
Konjunktiv: Wanns rengad, nehmad i an Schiam
Imperativ: Varregg do glei
Passiv: Gwadschd wean
Präfixe: Dabaazn, dadreen, dagarma, daschlang
Artikel: Da Vadda, b Muada, s Kind
Substantiv
Singular und Plural: Oa Breiss, zwoa Breissn
Genitiv: Heilige Muadda Goddes
Dativ und Akkusativ: Min Hund bein Doggda
Vokativ: Schoaschä!
Genuswechsel: Das Teller mit dem Butter
Diminutive: A Liadl aufm Beagal
Verstärkung: Schnaggalfidäi und greizlusddi
Ableitungen: Dea duad koan Schnaufa mea
Zusammensetzungen: Da Schweinsbraan in da Hunddshiddn
Plural- und Singularwörter: A guads Leid
Abstrakta: Sei oda need sei
Pronomen
Personalpronomen: I, meina, mia, mi
Reflexivpronomen: Da feid si nix
Reziprokes Pronomen: Dees Zeig iwaranand
Possesivpronomen: In da Muadda seina Schdum
Demonstrativpronomen: Had dasäi Baua gsagd
Relativpronomen: Dea wo
Interrogativpronomen: De wäiche is mei Frau?
Indefinitpronomen: Da keman oa
Numerale: Oans, zwoa, zwoarahaib
Adjektiv: Dess Weda, dees greislige
Adverb: Du bisd fei arg digg
Präposition: Wega meina
Konjunktion: Wiavui das des kosdd
Interjektion: Ui jäggal
Stehende Rede: Hasd mi?
Literatur
Stichwörterverzeichnis
So sah die Original-Auflage aus.
Hier ein kleiner Ausschnitt aus dem Kapitel "Verstärkung":
Par. 1 Zur Verstärkung und Einfärbung von Substantiven und von Adjektiven dienen in der Schrift- und Umgangssprache bestimmte, meist von Substantiven abgeleitete Präfixe:
blitzdumm, erzkonservativ, Höllenlärm, Affenhitze, hundeelend, Bombengeschäft, blutjung etc."
Die Zusammensetzungen sind meist formelhaft fest, die Präfixe, obgleich sie das Ergebnis kaum verändern würden, nur mit Maßen austauschbar: Blitzlärm, affenkonservativ, Erzhitze würde niemand verstehen.
Par. 2 Ebenso verhält es sich im Bairischen. Neben einigen Unika wie
pfennigguad = pfenniggut = tadellos, erstklassig erhalten;
schnaggalfidäi = soviel wie kreuzfidel;
voglwuid = eine Mischung aus sehr auffallend, sehr eigenartig, sehr komisch;
brunzdumm = sehr dumm (von brunzen = pissen);
sind es vorwiegend die stereotypen Zusammensetzungen mit Bluats-, Greiz, Hunds-, Moadds, Sau- und Scheiss, die hier verwendet werden.
Bluads wird insbesondere als verdammendes Präfix vor Substantiven gebraucht, wobei im Bedarfsfalle so ziemlich jeder Gegenstand durch Bluads verfluchbar ist:
Bluadsdrambahn (= verfluchte Straßenbahn)
Bluadsfeansähabbarad (= verfluchter Fernsehapparat);
Bluadsgiaßkanna (= verfluchte Gießkanne);
Bluadsarwad (= verflucht anstrengende Arbeit);
Bluadsvawandschaft ( = nicht nur die Blutsverwandschaft - dann liegt der Hauptton auf der ersten Silbe -, sondern auch die verdammte Verwandschaft, dann trägt die erste Silbe nur den Nebenton, und der Hauptakzent liegt auf der dritten).